Der Waldmeister auf der Terrasse
Endlich fängt sie wieder an! Die Saison des Waldmeisters! Unerlässliches Küchenkraut für süße Speisen mit dem einzigartigen Aroma unserer Kindheit! Und spätestens für die Maibowle am 1. Mai müssen wir unser Sträußlein gepflückt haben!
Ich habe 'meinen' Waldmeisterplatz vor ein paar Tagen im Wald besucht, und aufgrund der trockenen Witterung bot sich mir nur ein trauriges Bild: Ich fand nur ein paar kleine kümmerliche Hälmchen, wo sonst der ganze Waldboden von frischem Grün übersät ist! Nein, hier kann ich im Moment nicht ernten! Hoffentlich erholt sich der Bestand wieder, ein bißchen hat es ja geregnet!
Da trifft es sich gut, dass sich die 'zahmen Kollegen' auf meiner Terrasse überaus wohl fühlen und schon kräftig gewachsen sind! Ich freue mich über die hübschen Stäudchen und ernte gleich ein paar Stängel.
Bevor der Waldmeister aber sein ganzes Aroma entfalten kann, muss man sich in Geduld üben: Erst wenn er etwas angetrocknet oder gar angewelkt ist, verpürt die Nase den typischen Duft. Falls man es einmal ganz eilig hat, kann man die Stängelchen auch ein paar Minuten in den Gefrierschank geben.
Dann kann man wunderbar Süßspeisen aromatisieren, vom ganz 'trivialen' Vanillepudding über Waffeln und Eis, bis hin zu einem feinem Flan. Um das kostbare Aroma auch für spätere Tage zu konservieren, bietet sich die Herstellung von Waldmeisterzucker oder Sirup an. Für den Zucker trockne ich die Pflanzen und zerkleinere sie, zusammen mit feinem Rohrzucker, im Mörser. Das Ergebnis sollte gut und aromadicht verschlossen werden. Für den Sirup läßt man eine handvoll angewelkter Stängel für 24-48 Stunden in einem Krug ziehen. Wer mag kann auch einige Scheiben unbehandelter Zitrone mit dazugeben. Danach wird das so gewonnene Wasser mit Zucker eingekocht und in Flaschen gefüllt. Möglichst steril schliessen, so bleibt der Sirup für einige Monate gut.
Der Waldmeister hat jedoch viel mehr zu bieten als 'nur' den reinen Genuß: Die im Volksmund auch als 'Herzfreund' bekannte Pflanze wirkt beruhigend und gefäßerweiternd. In der Volksmedizin wird er gegen Kopfweh, bei Unruhe, Krämpfen und auch bei Herzschwäche eingesetzt. Dies kann über einen Tee oder auch mittels eines Duftkissens erfolgen.
Besondere Sorgfalt ist jedoch in der Dosierung angesagt: Waldmeister enthält Cumaringlykoside, die beim Welkvorgang in Cumarin umgewandelt werden. Bei zu hoher Dosierung kann dies starke Kopfschmerzen und Benommenheit auslösen. Außerdem wirkt er blutverdünnend und gefäßerweiternd, was auch zu sparsamer Dosierung mahnt.
Früher wurde der Waldmeister dem Tabak zugegeben. Heute noch ist der Waldmeister ein wohlriechender Bestandteil eines Kräutersäckchens gegen Motten.
Woher der schöne Name kommt, ist nicht ganz geklärt. Sicher ist, dass wir hier eine seit jeher hochgeschätzte Heilpflanze vor uns haben. Dies bezeugt überigens auch der französische Name: Reine des bois (Waldkönigin).
Kein Wunder, dass diese allseits gut beleumundete Pflanze auch wirksam gegen Hexen und allerlei dämonischen Spuk wirksam war. Vielleicht hängt der Brauch der Waldmeisterbowle zum ersten Mai, also nach der Walpurgisnacht, mit dieser Wirkung zusammen?
Waldmeister
Hier im Bild im grauen Topf links. Im gleichen Topf hat es sich eine Sauerampfer bequem gemacht. Offensichtlich vertragen sich die beiden Pflanzen gut.
Waldmeister sollte möglichst vor der Blüte geerntet werden, da er dann mehr Aroma entfaltet und auch weniger Cumarin enthält.
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